Raesfelder Schulgeschichte
1612
Als das Dorf Raesfeld 1612 vom Archidiakon des Hochstifts Münster besucht wurde, vermerkte sein Schreiber: "Hier gibt es keine Schule." Erst die Bemühungen des Fürstbischofs von Münster, Christoph Bernhard von Galen, zur Förderung des Schulwesens und seine Feststellung, dass „die Unterweisung der Jugend von so großer Wichtigkeit ist, dass von derselben das Heil und Verderben beinahe der ganzen Christenheit abhängt“, ließ auch in Raesfeld die erste Schule entstehen.
1661
1661 unterrichtete der Küster Heinrich Wewerinck die
Raesfelder Kinder, obwohl es noch kein Schulhaus gab.
1663
1663 übernahm Johannes Spangemacher aus Borken das Amt des ersten Schulmeisters und die Küsterstelle. Er war Begründer einer für das Münsterland typischen Lehrer und Küsterdynastie, die bis 1900 die Schulmeister in Raesfeld stellen sollte. Das erste Schulhaus in Raesfeld war die Scheune des Küsters an der Borkener Straße. Sie lag gegenüber seines neuen Wohnhauses, welches er nach einigen Jahren beziehen konnte.
1671
In der Schlossfreiheit war ab 1671 der Küster Dietrich Strottman tätig. Neben der Tätigkeit als Küster übertrug ihm Alexander II. von Velen die Aufgabe, die Freiheiter Kinder zu unterrichten. Wo dieses stattfand, ist nicht bekannt. Die kleine Schule bestand bis ins 19. Jahrhundert. Nicht nur die Kinder der Freiheit wurden dort unterrichtet, sondern auch die vom Brink und aus der Löchte, deren Schulweg bis ins Dorf sehr lang war.
Die Schülerzahlen waren jahreszeitlich sehr unterschiedlich, da die Kinder den Eltern von Ostern bis November bei der Arbeit auf dem Hof helfen mussten.
1803
Da die Anzahl der zu unterrichtenden Kinder stetig wuchs und die Reparaturen der Scheune immer aufwendiger wurden, ließ die Gemeinde ein neues Schulhaus neben das alte bauen.
1829
Inzwischen besuchen 240 Kinder die Schule, eine Erweiterung der alten Schule oder ein Neubau war dringend erforderlich. Auch hielt man die Einstellung eines zweiten Lehrers für notwendig.
Man entschied sich für einen Neubau an der Borkener Straße, die alte Schule wurde verkauft.
1833
1833 wurde die neue Schule an der Borkener Straße fertiggestellt. Jetzt standen zwei Klassen für die Unterrichtung der Kinder zur Verfügung. Das jährliche Gehalt eines Lehrers betrug 150 Thaler. Die Eltern mussten für jedes Schulkind 22 Silbergroschen zahlen. Dafür fiel das Mitbringen von Brennholz weg. Dafür musste nun der Lehrer sorgen.
1875
Nachdem in den kommenden Jahren die Zahl der Schulkinder zunahm, wurde die Schule zu klein. Jedoch wurde erst 1875 der Grundstein für eine neue Schule an der Weseler Straße gelegt. Diese Schule war die erste Mädchenschule Raesfelds, die Schule an der Borkener Straße wurde zur Knabenschule.
1886
1886 wurde an der Knabenschule ein Klassenraum angebaut.
1895
Seit 1895 hatte Raesfeld zwei dreiklassige Schulen. Drei Mädchenklassen mit insgesamt 166 Schülerinnen, die Knabenklassen mit 178 Schülern.
1898
Franz Winkel wird Hauptlehrer der Knabenschule. Caspar Spangemacher war 1886 pensioniert worden, Franz Winkel aus Ramsdorf übernahm dessen Stelle. Er unterrichtete hier bis 1922
1900
Die Lehrer der Familie Spangemacher
1663 - Johannes Spangemacher zieht von Borken nach Raesfeld. 1658 hat er Johanna Rexing geheiratet. Er übernimmt neben dem Lehramt auch das Amt des Küsters.
1690 - Wessel Spangemacher, Sohn von Johannes, seit 1688 verheiratet mit Catharina Rorinck, ist Lehrer, Küster und betreibt nebenher eine Gastwirtschaft, um auskömmlich leben zu können.
1749 - Alexander Theodor Spangemacher, Sohn von Wessel, geboren 1696, verheiratet seit 1725 mit Maria Catharina Voss, ist Lehrer, Küster und Receptor (Steuereinnehmer). Er übt seinen Beruf 50 Jahre lang aus.
1770 - Godfried Spangemacher, Sohn von Alexander, hat von ihm alle Ämter übernommen. Er stirbt 1783.
1782 - Johannes Spangemacher, der älteste Sohn Godfrieds, geboren 1765, übernimmt das Lehramt im Jahre 1782 mit 17 Jahren und übt es bis 1840 aus. In diesem Jahr wurde er 75 Jahre alt. Er hat 13 lebende Kinder, die er mit Nebengeschäften durchbringen muss.
1834 - Jacob Spangemacher, Sohn von Johannes, übernahm in diesem Jahr die zweite Lehrerstelle. Zusätzlich übernahm er die Stelle des Organisten.
1842 - Caspar Spangemacher (Bild unten), Sohn von Johannes, Bruder von Jacob, tritt die Nachfolge seines Vaters an. Neben dem Lehr- und Küsteramt übernimmt er die Post-Expeditionsstelle in Raesfeld.
1860 - Xaver Spangemacher (Bild unten), übernimmt als 24-jähriger nach seinem Militärdienst das Lehramt von seinem Vater Jacob, der es zugunsten seines Sohnes ein Jahr zuvor aufgegeben hat.
1882 - Caspar und Xaver Spangemacher sind Lehrer, es gibt noch zwei Lehrerinnen. Caspar wird 1886 pensioniert. Der Bitte, seinem Sohn Jacob die freie Stelle zu überlassen, wird nicht entsprochen.
1900 - Xaver Spangemacher scheidet aus dem Schuldienst aus.
Damit enden fast 250 Jahre Geschichte der Familie Spangemacher als Schulmeister. Eine lange Zeit, in der sie viele Tausend Raesfelder Kinder das Schreiben, Lesen und Rechnen lehrten und sie in vielfacher Weise prägten.
1906
Oben v. l.: Therese Wiesmann, Pia Laumann, Josepha Becker.
Unten v. l.: Franz Winkel, Pastor Burlage, Kaplan Rampelmann und Alois Thiemann.
1911
1911 wurde die Mädchenschule um zwei neue Klassenräume erweitert. Neben die "i-Männekes-Schule" baute man die Mädchenschule mit zwei neuen Klassenzimmern und zwei Dienstwohnungen im Obergeschoss.
Der Eingang zur Mädchenschule an der Weseler Straße.
1913
1913 beantragten die Bewohner des Kirchspiels Raesfelds den Bau einer Bauernschaftsschule, der St.-Martin-Schule. Einen geeigneten Platz hatten sie schon gefunden: "Ungefähr am Gabelpunkt der Landstraße Raesfeld - Borken - Krechting", heute Helweg, Abzweig Dreckerhook.
1915
Obwohl die Schule noch nicht ganz fertiggestellt war - einige Handwerker waren zum Kriegsdienst eingezogen worden - begann dort 1915 der Unterricht. Mit dem Besuch der Schule St. Martin verkürzte sich der Schulweg für viele Kinder, die zuvor vier bis fünf Kilometer bis ins Dorf laufen mußten.
Ein neuer Lehrer kam nach Raesfeld an die kleine Schule, Martin Drescher, der dort bis 1966 unterrichtete.
Die St.-Martin-Schule mit Erweiterungsbau im Jahre 1966. Foto: Ignaz Böckenhoff
1945
Bei einem der letzten Luftangriffe 1945 wurde die Knabenschule an der Borkener Straße zerstört. Auch die Mädchenschule konnte bei Kriegsende nicht mehr benutzt werden. So fand ab 1945/1946 der Unterricht der Kinder in der Bauernschaftsschule St. Martin sowie in einigen Räumen des Schlosses statt.
1947
1947 teilt die Handwerkskammer der Gemeinde mit, dass sie die Schulräume im Schloss selbst benötigt. So erfolgt die Suche nach einem Grundstück für den Bau einer neuen Volksschule.
1949
Im April 1949 wird der Grundstein für die Alexanderschule gelegt. Sie wird 1951 eingeweiht.
Die Alexanderschule im Jahre 1968 (Foto: Ignaz Böckenhoff)
1954
In der ehemaligen Mädchenschule an der Weseler Straße entsteht 1954 ein Heimatmuseum. Das Gebäude muss 1980 dem neuen Rathaus weichen.
1965
1965 baute die Gemeinde Raesfeld eine zweite Volksschule, die Sebastianschule.
Die Sebastianschule im Jahre 1974 (Foto: Ignaz Böckenhoff)
1968
1968 wird die Alexanderschule zur Hauptschule und die Sebastianschule zur Grundschule.
1969
Die Bauernschaftsschule St. Martin wird aufgelöst.
2010
2010 wird die Alexanderschule eine Verbundschule.
2016
Literatur:
Sönnert, Ingrid: "Schulen in Raesfeld" in "Damals ..." " Menschen und Geschichte(n) aus Raesfeld, Erle und Homer", S. 209 - 243, m. w. N., Herausgeber: Gemeinde Raesfeld und Verkehrsverein Raesfeld e. V., Raesfeld 1997, ISBN 3-9804028-1-9
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